2 Methoden

2.1 Datenerhebung

2.1.1 Besucherzahlen

Die automatischen Zählgeräte der Firma Eco-Counter können Passagen mittels Infrarotsensor richtungsgetrennt erfassen, sobald sie einen genügend grossen Temperaturunterschied zur Umgebung aufweisen. Damit erfassen sie keien Personendaten. Die eingesetzten Kombizähler zählten stündlich alle Bewegungen und unterschieden mithilfe von zusätzlichen Induktionsschlaufen zwischen Fuss- und Radverkehr (Abbildung 2.1). Die Induktionsschlaufen, welche auf die metallenen Felgen der MTB reagieren, wurden wenige Zentimeter mit Wegmaterial überdeckt und waren während der Aufnahmeperiode nicht sichtbar. Der zweite Gerätetyp, der Infrarotzähler, unterschied nicht zwischen Fuss- und Radverkehr – er erfasse die zusammengezählten Passagen. Die Daten wurden täglich via GSM an einen Server, von dem sie abgerufen werden konnten, übermittelt. Die Daten der automatischen Zählgeräte haben gewisse Unsicherheit – der Hersteller garantiert +/- 5 % (siehe dazu auch ??. Unterbrüche in den Datenreihen wurden für die weiteren Auswertungen ausgeschlossen (Tabelle 2.1).

Zusätzlich zu den Geräten der Firma Eco Counter wurden zu verschiedenen Zeiträumen automatische Kameras der Marke Reconyx eingesetzt 2.1). Die Bilddaten erlauben eine detaillierte Auswertung der Aktivitäten auf den untersuchten Wanderwegen (z. B: Unterscheidung von MTB und E-MTB, Unterscheidung von Outdoorsportaktivitäten und Tieren usw.). Die Kameras generieren eine Bildserie, sobald der Kamerasensor eine Bewegung registriert (Infrarot-Auslösung). Ein Filter, der eine Identifizierung der erfassten Person verunmöglicht, wurde auf die Kameralinse montiert. Ergänzend wurde berg- und talwärts mittels Informationsschildern auf dem Wanderweg auf die Kamera und deren Zweck hingewiesen. Die erstellten Bilder wurden ausschliesslich intern verwendet und nach der Auswertung gelöscht. Der Datenschutz wurde somit vollumfänglich eingehalten.

Die Erfassung der Besuchszahlen erfolgte auf Stundenbasis. Z. B. sind in der Stunde mit der Bezeichnung “16:00” alle Zählungen zwischen 16:00 und 16:59 zusammengefasst.

Links: Infrarotsensor, angebracht an einem Steinblock. Rechts: Induktionsschlaufen während der Montage.

Abbildung 2.1: Links: Infrarotsensor, angebracht an einem Steinblock. Rechts: Induktionsschlaufen während der Montage.

Einschränkungen:

  • An der Zählstelle Tomülpass wurden während der Sommersaison 2019, bedingt durch die Wahl der Technologie, relativ viele Kühe gezählt. Die effektiven Passagen von Wandernden wurden wahrscheinlich überschätzt (und darum hier nicht gezeigt); diejenigen der MTB stimmen hingegen.

  • Die Zählstelle in Mathon litt während der Sommersaison 2020 sehr oft unter Störungen. Die Daten sind nicht verlässlich und können für das Monitoring nicht verwendet werden.

Tabelle 2.1: Standorte und Beschreibungen der Zählstellen im RNPB mit deren Start- und Enddaten sowie allfällige Unterbrüche in der Datenreihe.
Name Jahr Latitude Longitude Technik Startdatum Enddatum Anazhl Tage in Betrieb
Glaspass Sommer_2019 2743883 1171632 Kombi, AK 04.07.2019 01.10.2019 90
Summapunt Sommer_2019 2753114 1170293 AK 09.07.2019 03.08.2019 32
Tomuelpass Sommer_2019 2739947 1164337 Kombi, AK 04.07.2019 01.10.2019 90
Glaser Grat Sommer_2020 2745536 1171684 Kombi 30.06.2020 19.10.2020 112
Glaspass Sommer_2020 2743883 1171632 Kombi 30.06.2020 19.10.2020 112
Lai Grand Sommer_2020 2744348 1163289 Pyro 30.06.2020 19.10.2020 112
Tomuelpass Sommer_2020 2739947 1164337 AK 26.07.2020 19.10.2020 86
Beverin Winter_2020 2747207 1168149 AK 21.01.2021
Mathon_Intervall Winter_2020 2750111 1167865 AK 15.01.2021
Mathon_Auslösung Winter_2020 2750919 1167435 AK 15.01.2021
Dumagns Winter_2020 2749690 1165353 AK 15.01.2021
Suretta Winter_2020 2749324 1159004 AK 14.01.2021
Splügen_Süd Winter_2020 2744815 1157005 AK 14.01.2021
Splügen_Nord Winter_2020 2744267 1157780 AK 14.01.2021

Die relevanten Schulferienzeiten für den Kanton Graubünden, als Haupteinzugsgebiet können das Besucheraufkommen teilweise erklären. Für verschiedene Auswertungen wurden daher die in Tabelle 2.2 aufgeführten Zeiträume verwendet.

Tabelle 2.2: Termine der für den Untersuchungszeitraum relevanten Ferienzeiten (Ferienzeiten immer von Samstag bis Sonntag).
Jahr Beginn Sommerferien Ende Sommerferien Beginn Herbstferien Ende Herbstferien
2019 22.06 11.8. 5.10 20.10.
2020 25.06. 16.08 10.10 25.10

2.1.2 Referenzzählungen

Pro Standort wurde eine Referenzzählungen durchgeführt, um die Genauigkeit der automatisch generierten Zahlen zu prüfen. Die Anzahl der Personen, welche die Zählstelle passierten, wurden richtungsgetrennt und stundenweise erfasst. Pro Zählgerät wurden über drei Stunden Wegnutzende erfasst; die Zählungen fanden bei trockener, schöner Witterung zwischen 09:00 und 16:00 Uhr statt. Es wurden Tage mit erwartet hohem Besucheraufkommen (Wochenendtage) gewählt. Damit sollten für die Kalibrierung genügend Stützpunkte erzielt werden. Der Kalibrierungsfaktor wurde pro Zählstelle und richtungsgetrennt errechnet.

2.1.3 GPS Loggings

Während den Sommern 2019 und 2020 wurden in zwei studentischen Arbeiten in RNPB GPS-Loggings durchgeführt. Im ersten Sommer fokussierten wir uns auf MTB, im zweiten auf Wandernde. Die Logger wurden direkt im Feld verteilt und in ausgewählten Hotels direkt an die Sportler_innen abgegeben (Karte siehe Kapitel 7).

Die Logger sind mit Beschleunigungssensoren von Bosch ausgerüstet. Wenn der Logger in Bewegung ist, wird jede Sekunde ein Punkt mit der Angabe der Koordinaten, der Uhrzeit und weiterer Parameter aufgenommen. Der Logger wurde vor der Abgabe an die Sportler_innen eingeschaltet und zusammen mit einer Kurzbefragung und einem vorfrankierten Briefumschlag abgegeben. Nach der Tour wurden die Logger per Post an uns zurückgesandt.

Tabelle 2.3: Jahre der GPS-Loggings, die Anzahl generierter Tracks und die Fokusgruppe im RNPB.
Jahr Anzahl Fokusgruppe
2019 68 MTB
2020 67 Wandernde

2.1.4 Wetterdaten

Der Zusammenhang zwischen Besucheraufkommen und verschiedenen Wetterparametern wurde mittels Daten der Wetterstation Andeer (AND, 2752692 / 1164038) von MeteoSchweiz berechnet. Von dieser Station wurden Daten zu Temperatur, Sonnenscheindauer und Niederschlag abgerufen und ausgewertet (Tabelle 2.4).

Tabelle 2.4: Verwendete Wetterdaten der Wetterstation Andeer und deren Spezifikation.
Parameter Einheit Spezifikation
Niederschlag mm Niederschlag; Halbtagessumme (6 – 18 Uhr)
Sonnenscheindauer min Sonnenscheindauer; Tagessumme
Temperatur °C Lufttemperatur 2 m über Boden; Tagmaximum (6 – 18 Uhr)

2.2 Vorgehen Auswertungen

2.2.1 Referenzzählungen

Die Referenzzählungen pro Standort, Stunde und Richtung wurden mit den entsprechenden Stundendaten der automatischen Zählgeräte verbunden. Anschliessend wurde mittels einer linearen Regression (durch den Nullpunkt gezwungen; grundlegende Annahme: wenn der automatische Zälher keine Personen gezählt hat, dann waren auch keine unterwegs), der Zusammenhang zwischen den Referenzzählungen (erklärende Variable) und den automatisch generierten Zahlen (abhängige Variable) untersucht. Die Steigung der Regressionslinie ergibt den Korrekturfaktor der automatischen Zählungen. Die Fehlerbereiche der Regressionslinie sind aufgrund der knappen Zahl an Stützpunkten relativ gross. Es wird auf eine Anpassung der automatisch generierten Zahlen verzichtet.

2.2.2 Automatische Zählstellen

Die Aufbereitung der stundenbasierten Zähldaten beinhaltete den Ausschluss der Tage der Montage und Demontage. Somit wurden nur ganze Zähltage berücksichtigt. Ein Korrekturfaktor wurde nicht angewandt. Es wurden die R-Packages «data.table» (Dowle und Srinivasan 2020), «lubridate» (Grolemund und Wickham 2011) sowie «tidyverse» (Wickham u. a. 2019) verwendet. Mit dem Package “plotly” (Sievert 2020) wurden die Plots interaktiv gestaltet. Zuerst wurden die Daten auf Normalverteilung überprüft, welche für keinen Standort gegeben war. Die Mediane der Boxplots haben folglich nur eingeschränkte Gültigkeit. Zudem wurde optisch mittels Scatterplot überprüft und wenn als unrealistisch eingeschätzt aus der Analyse ausgeschlossen.

  • Für alle Standorte wurden die selben Auswertungen vorgenommen. Falls Daten aus mehreren Jahren verfügbar waren, wurden sie, falls möglich (z. B. Saisongang), im gleichen Plot dargestellt.

  • Als erstes beschreibt der Saisongang der Besuchenden mittels einer geglätteten Kurve mit der Angabe von Fehlerbereichen den Verlauf der täglichen Besuchszahlen. Die geglättete Kurve wurde mithilfe einer nicht-parametrischen Regression im Package «tidyverse» (Wickham u. a. 2019) und der Methode «loess» berechnet.

  • Die Nutzung der verschiedenen Wochentage durch die Besuchenden wurde mittels Boxplots dargestellt.

  • Schliesslich wurden für alle Standorte die richtungsgetrennten Summen, die prozentuale Verteilung und der durchschnittliche Tagesgang (auf Stundenbasis) berechnet und dargestellt.

2.2.3 Erstellung Heatmaps

Die GPS-Daten wurden in Form eines .csv Files vom Logger heruntergeladen. Als erstes wurden die erfassten Koordinaten (WGS 84) ins Schweizer Koordinatensystem (LV95) transformiert und Punkte, welche ausserhalb des Kantons Graubünden generiert wurden, entfernt. Anschliessend wurden für jedes Jahr die Koordinaten in einem separaten File gespeichert. Mittels der Funktion der bkde2D aus dem Package “KernSmooth” (Wand 2020) wurde dann die eigentliche Heatmap erstellt. Dabei verwendeten wir die Parameter bandwidth=c(0.001, 0.001) und gridsize = c(1000, 1000). Um grosse Ansamlungen von Hitze zu reduzieren, wurde der Parameter fhat > 400 auf 400 gesetzt. Mit dem Package “raster” (Hijmans 2020) wurde anschliessend eine Rasterkarte gezeichnet, bei der die tiefsten Werte entfernt wurden. Je heller eine Kachel, desto mehr Aktivität wurde in dieser Gegend erfasst. Die Karte wurde mit “tmap” (Tennekes 2018) interaktiv gestaltet.

2.2.4 Modelle Besuchsverhalten

Mit Modellen wurde geprüft, wie sich verschiedene Parameter auf die Besuchszahlen auswirkten. In das Modell flossen die relative tägliche Sonnenscheindauer, die Tagesmaximaltemperatur und die Halbtagessumme Niederschlag sowie Ferien und der Wochentag ein. Effekte der Kalenderwoche wurden zur Saisonbereinigung ausgeschlossen. Für die erklärenden Parameter wurde je eine Abbildung erstellt, welche die Besuchszahlen in Abhängigkeit der erklärenden Parameters beschreibt. Wenn Daten aus mehreren Jahren verfügbar waren, wurden die Abbildungen dazu zum Vergleich nebeneinander dargestellt. Im nächsten Absatz wird das statistische Vorgehen beschrieben.

Der Zusammenhang zwischen Wetterdaten, Ferien sowie Wochentagen (erklärende Variable; Tabelle 2.4) und Besucherzahlen (abhängige Variable) wurde mit einem nicht-linearen Modell mit und ohne Interaktionen sowie quadratischen Term der Temperatur untersucht. Zuerst wurde die tägliche Sonnenscheindauer in Minuten am Anteil der maximal möglichen Sonnenscheindauer am Standort Andeer in Prozent umgerechnet. Die Wetterparameter wurden skaliert, so dass deren Skalen miteinander vergleichbar wurden. Mit dem Pearsons Korrelations-Test wurde auf allfällige Korrelationen zwischen den Wetterparametern getestet. Die Schwelle für eine kritische Korrelation wurde liberal bei 0.7 gesetzt. Die Korrelation zwischen Temperatur und Sonnenscheindauer war mit 0.68 eher hoch. Es wurden dennoch keine Parameter ausgeschlossen, da eine automatische Modellselektion mit dem Package «MuMIn» (Barton 2020) alle eingegebenen Parameter in allen möglichen Modellen beliess. Zudem wurde eine Interaktion erster Ordnung zwischen den Wochentagen und den Ferien gerechnet um zu prüfen, ob Wochentage inner- und ausserhalb der Ferien einen unterschiedlichen Einfluss auf die Besucherzahlen haben. Um den Effekt der Saison auszuschliessen, wurden die Kalenderwochen als zufälliger Faktor definiert. Das Modell wurde als negativ binomiales GLMM (generalized linear mixed effect model) mit dem Package «lme4» (Bates u. a. 2015) geschrieben, denn die abhängigen Variablen folgten keiner Normalverteilung und Abhängigkeiten in den Daten bestanden. Zudem bestätigte ein Verteilungstest mittels AICc und einer optischen Inspektion eine negativ binomiale Verteilung. Tests auf overdispersion (Korner-Nievergelt u. a. 2015), Normalverteilung (Sarkar 2008), Verteilung der Residuen, des R2 (Zhang 2021) sowie Vergleiche der Modellgüte mittels dem AICc (Mazerolle 2020) zeigten, dass teilweise das negativ-binomiale Modell mit allen Wetterparametern und oder ohne Interaktion Wochentag:Ferien das beste war. Folglich wurde dieses Modell gewählt. Für die erklärenden Variablen wurde je eine Abbildung geplottet, die den Verlauf der Besucherzahlen in Abhängigkeit zur jeweiligen Variable zeigt. Die Signifikanzschwellen wurden bei α < 0.1 (kaum Signifikanz), α < 0.05 (geringe Signifikanz), α < 0.01 (hohe Signifikanz) und α < 0.001 (höchste Signifikanz) gesetzt.

Quellen

Barton, Kamil. 2020. MuMIn: Multi-Model Inference. https://CRAN.R-project.org/package=MuMIn.
Bates, Douglas, Martin Mächler, Ben Bolker, und Steve Walker. 2015. „Fitting Linear Mixed-Effects Models Using lme4. Journal of Statistical Software 67 (1): 1–48. https://doi.org/10.18637/jss.v067.i01.
Dowle, Matt, und Arun Srinivasan. 2020. data.table: Extension of ‘data.frame‘. https://CRAN.R-project.org/package=data.table.
Grolemund, Garrett, und Hadley Wickham. 2011. „Dates and Times Made Easy with lubridate. Journal of Statistical Software 40 (3): 1–25. https://www.jstatsoft.org/v40/i03/.
Hijmans, Robert J. 2020. raster: Geographic Data Analysis and Modeling. https://CRAN.R-project.org/package=raster.
Korner-Nievergelt, Fraenzi, Tobias Roth, Stefanie von Felten, Jerome Guelat, Bettina Almasi, und Pius Korner-Nievergelt. 2015. Bayesian Data Analysis in Ecology using Linear Models with R, BUGS and Stan. Elsevier.
Mazerolle, Marc J. 2020. AICcmodavg: Model selection and multimodel inference based on (Q)AIC(c). https://cran.r-project.org/package=AICcmodavg.
Sarkar, Deepayan. 2008. Lattice: Multivariate Data Visualization with R. New York: Springer. http://lmdvr.r-forge.r-project.org.
Sievert, Carson. 2020. Interactive Web-Based Data Visualization with R, plotly, and shiny. Chapman; Hall/CRC. https://plotly-r.com.
Tennekes, Martijn. 2018. tmap: Thematic Maps in R. Journal of Statistical Software 84 (6): 1–39. https://doi.org/10.18637/jss.v084.i06.
Wand, Matt. 2020. KernSmooth: Functions for Kernel Smoothing Supporting Wand & Jones (1995). https://CRAN.R-project.org/package=KernSmooth.
Wickham, Hadley, Mara Averick, Jennifer Bryan, Winston Chang, Lucy D’Agostino McGowan, Romain François, Garrett Grolemund, u. a. 2019. „Welcome to the tidyverse. Journal of Open Source Software 4 (43): 1686. https://doi.org/10.21105/joss.01686.
Zhang, Dabao. 2021. rsq: R-Squared and Related Measures. https://CRAN.R-project.org/package=rsq.