3 Begegnungen mit Wildtieren

In diesem Kapitel werden die Wildtierkenntnisse der Teilnehmenden sowie deren Begegnungen mit Wildtieren in den Bergen beschrieben.

3.1 Artenkentnisse

Hier wird die Forschungsfrage 1 beantwortet:

FF1) Wie gut können Bergsportler:innen typische Wildtiere der Schweizer Bergwelt erkennen?

Welche Tierart erkennen Sie auf dem nachfolgenden Bild?

Wir haben den Teilnehmenden der Befragung die nachfolgenden Bilder gezeigt und ihnen jeweils diese Frage gestellt. Testen Sie ihr Wissen selbst; Hätten Sie die Tiere erkannt?

In den Bildern sind folgende Tiere abgebildet:

  1. Reh
  2. Birkhühner
  3. Gämse

Die Grosse Mehrheit der Teilnehmenden erkannte das Reh richtig (67.9 %). Hingegen erkannten nur 46.7 % die Birkhühner richtig. Vielfach wurden diese für Auerhühner gehalten. Dafür erkannten wieder 96.8 % aller Teilnehmenden die Gämse korrekt (Abbildung 3.1).

Klassifizierung der Antworten auf die Frage nach den Tieren auf den gezeigten Bildern.

Abbildung 3.1: Klassifizierung der Antworten auf die Frage nach den Tieren auf den gezeigten Bildern.

FF1) Wie gut können Bergsportler:innen typische Wildtiere der Schweizer Bergwelt erkennen?

Unsere Ergebnisse zeigen, dass typische Arten wie die Gämse oder das Reh sehr gut erkannt werden. Das Reh wurde aber auch relativ häufig mit einem Hirsch verwechselt. Seltene Arten, welche auch auf Störungen sensibel reagieren können und häufig für den Artenschutz von grosser Bedeutung sind, werden hingegen von vielen Teilnehmenden nicht gut erkannt.

3.2 Wahrgenommene Wildtiere

Hier wird die Forschungsfrage 2 beantwortet:

FF2) Welche Wildtiere wurden auf den Bergtouren wahrgenommen und wie reagierten diese?

Wir haben die Teilnehmenden gebeten, alle Reaktionen der von ihnen auf der letzten Sommertour bemerkten Wildtiere zu nennen und genauer zu beschreiben. Falls mehrere Tiere zusammen beobachtet wurden, sollte die heftigste Reaktion der Tiere angegeben werden.

Zuerst sollte in einer Drop-Down Tabelle die Art angegeben werden, dann ob die Begegnung im Naturpark Beverin war und in welchem Habitat sie stattfand. Wir fragten auch nach der Distanz zwischen Mensch und Tier, nach der Anzahl Tiere und schliesslich nach der Reaktion der Wildtiere. Alle Antwortmöglichkeiten waren in Kategorien vorgegeben.

3.2.1 Arten und Habitate

Fast die Hälfte der Teilnehmenden hat auf den letzten drei Touren immer Wildtiere gesehen (40.88 %). 29 % auf zwei von drei Touren und 25 % auf einer von drei Touren. Lediglich 5 % der Teilnehmenden hat auf keiner der letzten drei Touren Wildtiere bemerkt.

Generell waren Begegnungen mit Wildtieren in Gruppen von zwei bis fünf Tieren am wahrscheinlichsten (42.55 %). Hingegen wurden nur gut ein Viertel der Tiere (27.66 %) alleine wahrgenommen.

Am häufigsten wurden Murmeltiere beobachtet und diese waren meistens in einer Gruppe von zwei bis fünf Tieren. Auch Gämse und Steinböcke wurden häufig und meistens in Gruppen beobachtet. Füchse und Schneehasen hingegen waren meistens alleine unterwegs. Bei den Hirschen, Schnee- und Birkhühnern war die Verteilung etwa ausgeglichen. Die Raufusshühner und der Schneehase wurden aber sehr selten beobachtet. Mit 12 Beobachtungen waren Auerhühner die am seltensten wahrgenommene Art (Abbildung 3.2).

Abbildung 3.2: Von den Teilnehmenden wahrgenommene Wildtiere und die Anzahl Tiere, welche gleichzeitig beobachtet wurde.

Die meisten Begegnungen waren in steinigem Gelände (46.83 %). Auf Wiesen und Weiden wurden 37.01 % aller Begegnungen berichtet. Die deutliche Mehrheit wurde also in offenem Gelände wahrgenommen. Im offenen Wald wurden nur 10.62 % aller Begegnungen verortet und im geschlossenen Wald lediglich 5.54 %. V.a. Gämse, Steinböcke und Schneehühner wurden im steinigen Habitat gesichtet (Abbildung 3.3).

Von den Total 1527 Begegnungen mit Wildtieren waren 1351 (90.25 %) ausserhalb des Naturparks Beverin und 114 (7.62 %) innerhalb. 32 (2.14 %) Begegnungen konnten nicht gemäss dieser Kategorie zugeordnet werden.

Abbildung 3.3: Von den Teilnehmenden wahrgenommene Arten in den unterschiedlichen Gebirgshabitaten.

FF2) Welche Wildtiere wurden auf den Bergtouren wahrgenommen?

Es überrascht nicht: am häufigsten wurden von den Teilnehmenden Murmeltiere wahrgenommen und das meistens in Gruppen von zwei bis fünf Tieren. Ebenfalls recht oft wurden Gämste und Steinböcke erwähnt. Dabei werden die Tiere in den für sie typischen Habitaten am meisten wahrgenommen (Murmeltiere in Wiesen und Weiden, Gämse und Steinböcke in steinigem Gelände). Arten, welche (tagsüber) v.a. im Wald leben (wie der Hirsch) oder generell seltener sind oder heimlicher leben, wurden auch weniger oft gesehen.

3.2.2 Reaktion der Wildtiere

Nachdem die Anzahl der wahrgenommenen Tiere in den unterschiedlichen Habitaten beschrieben wurde, geht es nun um die Reaktion der Wildtiere.

Wenn man nicht nach Arten, Habitat, Distanz zu den Tieren und Gruppengrösse unterschiedet, zeigten Wildtiere am häufigsten keine Reaktion (20.57 %). Dies war knapp gefolgt von “Wachsamkeit” (19.64 %). Allerdings wurde bei 16.57 % aller Begegnungen eine schnelle Flucht, und damit die heftigste Reaktion, ausgelöst.

Hinweis: in der untenstehenden Tabelle können die Einträge nach der Art der Reaktion oder der Anzahl sortiert werden.

Wenn man nun die Reaktionen der Wildtiere aber nach Arten aufgeteilt betrachtet, dann fällt auf, dass v.a. Gämse, Steinböcke, Murmeltiere und auch Hirsche keine oder wenig Reaktion zeigten. Sie sind aber auch häufig rasch geflohen; Dies ist keine gegenteilige Aussage und ist vermutlich auf unterschiedliche Bedingungen während der Begegnung zurückzuführen (z.B. Distanz, Habitat; siehe weiter unten). Bei den Begegnungen mit Auerhühnern, Birkhühnern, Füchsen und Schneehasen überwiegt die Reaktion der schnellen Flucht aber deutlich alle anderen, bei den Murmeltieren die Reaktion der Warnrufe. Steinböcke hingegen zeigten kaum Reaktionen (Abbildung 3.4).

Hinweis: In der untenstehenden interaktive Abbildung können einzelne Bereiche (z.B. Arten) ausgewählt werden. Dazu zieht man mit der Maus den gewünschten Bereich auf und die Abbildung passt sich automatisch an. Mit einem Doppelklick auf die Abbildung gelangt man zurück zu der Übersicht.

Abbildung 3.4: Von den Teilnehmenden wahrgenommene Reaktionen der Wildtiere, aufgeteilt nach den untersuchten Arten.

Bei 40.4 % der Begegnungen war die Distanz zwischen Wildtieren und Teilnehmenden kleiner als 50 Meter, bei etwa einem Viertel mehr als 150 Meter. Die Wildtiere reagierten unterschiedlich in Abhängigkeit zu der Distanz zu den Teilnehmenden. So nimmt mit zunehmender Distanz “keine Reaktion” (in blau) deutlich zu während die Wahrscheinlichkeit einer “raschen Flucht” (in rot) abnimmt (Abbildung 3.5).

Abbildung 3.5: Von den Teilnehmenden wahrgenommene Reaktionen der Wildtiere, abhängig von der angegebenen Distanz zwischen Teilnehmendem und dem Wildtier.

3.2.3 Statistische Betrachtung

Die beobachteten Unterschiede in der Reaktion (siehe Kapitel Reaktion der Wildtiere) lassen sich auch statistisch belegen. Die Ergebnisse der statistischen Analyse sind in Abbildung 3.6 gezeigt.

Das Statistikprogramm versuchte dabei die Reaktion der Wildtiere

  • in Abhängigkeit von der Art,
  • ob die Begegnung im Naturpark Beverin war oder nicht,
  • dem Habitat,
  • der Anzahl der Tiere sowie
  • der Distanz der Tiere zu den Teilnehmenden

zu erklären. Dabei versuchte es jeweils die Unterschiede zwischen den Gruppen zu maximieren, d.h. die Äste des Baumes möglichst unterschiedlich zu bauen. Wenn das Programm nun auf einen statistisch signifikanten Unterschied stiess, dann hat es einen neuen Ast gebildet, bis keine Unterschiede mehr gefunden werden konnten.

Zu unterst im Baum sind die Reaktionen der Wildtiere abgebildet (also an den Enden der Äste). In den Klammern dort ist die Anzahl Beobachtungen in dieser Kategorie (n) sowie der Klassifizierungsfehler in Prozent (err). Ein Wert von 60 % bedeutet beispielsweise, dass 60 % der Tiere die genannte Reaktion zeigten.

Der Baum wird von oben nach unten gelesen (Abbildung 3.6).

  1. Wurzel: In der Wurzel (zu oberst) wurden signifikante Unterschiede betreffend der Art gefunden. Gämse, Murmeltiere und Steinböcke reagierten anders als “Andere Arten”, Auerhühner, Birkhühner, Füchse, Hasen, Hirsche und Schneehühner.

  2. Linker Hauptast: Bei “Anderen Arten”, Auerhühner, Birkhühner, Füchse, Hasen, Hirsche und Schneehühner hing die Reaktion direkt von der Distanz ab. Wenn sie kleiner als 150 m war, dann löste die Begegnung eine rasche Flucht aus, wenn sie grösser war, dann spielte die Art wiederum eine signifikante Rolle. Während dort Füchse wenig reagierten, zeigten “Andere Arten”, Birkhühner, Hirsche und Schneehühner keine Reaktion.

  3. Rechter Hauptast: bei Gämsen, Steinböcken und Murmeltieren gab es nochmals Unterschiede zwischen den ersten beiden und Murmeltieren. Während Murmeltiere unabhängig von der Distanz Wachsamkeit zeigten, reagierten die beiden Hornträger je nach Distanz unterschiedlich. Wenn die Tiere weiter weg als 150 m waren, dann gab es keine Reaktion, unabhängig davon ob das im Naturpark Beverin war oder ausserhalb. Wenn die Tiere näher als 150 m waren, dann waren Gämse häufig wachsam, Steinböcke zeigten im steinigen Gelände wenig Reaktion, auf Wiesen und Weiden sowie im Wald keine Reaktion.

  4. Sowohl die Anzahl der Wildtiere als auch die ausgeführte Aktivität der Teilnehmenden hatte keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die Reaktion der Wildtiere.

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Statistische Analyse der wahrgenommenen Reaktionen der Wildtiere abhängig von den untersuchten Faktoren wie Art oder Distanz.

Abbildung 3.6: Statistische Analyse der wahrgenommenen Reaktionen der Wildtiere abhängig von den untersuchten Faktoren wie Art oder Distanz.

Hinweis: Die Signifikanzschwellen wurden bei alpha < 0.1 (kaum Signifikanz), alpha < 0.05 (geringe Signifikanz), alpha < 0.01 (hohe Signifikanz) und alpha < 0.001 (höchste Signifikanz) gesetzt.

FF2) Wie reagierten die wahrgenommenen Wildtiere?

Die wahrgenommenen Reaktionen der Wildtiere fielen je nach Art, Distanz zwischen Mensch und Tier sowie Habitat statistisch signifikant unterschiedlich aus. Dabei gilt, dass Gämse, Murmeltiere und Steinböcke signifikant anders reagieren als andere Arten wie z.B. das Birkhuhn, der Schneehase oder der Hirsch. Erstere sind öfters wachsam, zeigen wenig oder gar keine Reaktion während Letzere bei Distanzen kleiner 150 Meter eher rasch fliehen.