Beschränkte lineare Operatoren

4.1. Beschränkte lineare Operatoren#

Analog zum Stetigkeitsbegriff aus der Analysis definiert man die Stetigkeit und Beschränktheit bei linearen Operatoren wie folgt:

Definition 4.2 (stetig)

Sei \(T: V\to W\) ein linearer Operator und \(V, W\) normierte Räume. Der lineare Operator \(T\) heisst stetig in \(x_0\in V\), wenn es zu jedem \(\varepsilon > 0\) ein \(\delta = \delta(\varepsilon, x_0)>0\) gibt, so dass

\[\| T x- T x_0\|_W < \varepsilon\quad\text{für alle}\ x\in V \quad\text{mit}\ \|x-x_0\|_V < \delta\]

gilt. Man nennt \(T\) stetig in \(V\), wenn \(T\) in jedem Punkt von \(V\) stetig ist.

Definition 4.3 (beschränkt)

Es seien \(V, W\) normierte Räume. Der lineare Operator \(T: V \to W\) heisst beschränkt, wenn es eine Konstante \(C>0\) mit

(4.1)#\[\|T x\|_W \le C\, \|x\|_V\quad\forall\,x\in V\]

gibt.

Die Menge aller linearen Abbildungen mit der sogenannten Operatornorm versehen, liefert uns wieder einen normierten Vektorraum. Die Operatornorm (vgl. Matrixnorm aus der Numerik oder linearen Algebra) ist gegeben durch

Definition 4.4 (Operatornorm)

Die kleinste Zahl \(C>0\) für die (4.1) gilt, heisst Operatornorm von \(T\) und ist durch

(4.2)#\[\begin{split}\|T\|_{V\to W} := \sup_{\substack{x\in V\\x\not= 0}} \frac{\|T x\|_W}{\|x\|_V}\end{split}\]

definiert.

Remark 4.1

Mit der Norm von \(T\) lässt sich die Ungleichung (4.1) auch in der Form

(4.3)#\[\|T x\|_W \le \|T\|_{V\to W}\ \|x\|_V\]

schreiben. Die Operatornorm lässt sich anstelle der Schreibweise (4.2) auch durch

\[\begin{split}\|T\|_{V\to W} = \sup_{\substack{x\in V\\x\not= 0}} \frac{\|T x\|_W}{\|x\|_V} = \sup_{\|x\|_V = 1} \|T x\|_W\end{split}\]

schreiben.

Zwischen stetigen und beschränkten Operatoren besteht der Zusammenhang

Theorem 4.1

Sei \(T: V\to W\) ein linearer Operator und \(V,W\) normierte Räume. Dann gilt

\[T\ \text{ist beschränkt} \quad\Leftrightarrow \quad T\ \text{ist stetig.}\]

Proof. a) Sei \(T\) beschränkt durch \(C>0\) und \(x_0\in V\) beliebig. Wir zeigen nun, dass es zu jedem \(\varepsilon>0\) ein \(\delta=\delta(x_0)\) gibt, so dass

\[\| T x - T x_0\|_W < \varepsilon\quad \forall \|x -x_0\|_V < \delta.\]

Wähle \(\delta = \frac{\varepsilon}{C}\), dann folgt

\[\| T x - T x_0\|_W = \|T (x-x_0)\|_W \le C \underbrace{\|x-x_0\|_V}_{< \delta} < C \frac{\varepsilon}{C} = \varepsilon\]

dh. \(T\) ist in \(x_0\) stetig und da \(x_0\in V\) beliebig ist, in ganz \(V\).

b) Sei nun \(T\) auf \(V\) stetig. Wir zeigen im Widerspruch, dass \(T\) beschränkt ist. Daher nehmen wir an: \(T\) sei nicht beschränkt. Also gibt es eine Folge \(\{x_k\} \subset V\) mit \(x_k \not=0\) und \(\frac{\|T x_k\|_W}{\|x_k\|_V} > k\) für alle \(k\in \mathbb{N}\). Setze nun \(y_k = \frac{x_k}{k \|x_k\|_V}\), so folgt \(y_k\in V\) und

(4.4)#\[\|T y_k\|_W = \left\| T\left(\frac{x_k}{k \|x_k\|_V}\right)\right\|_W = \frac{\|T x_k\|_W}{k \|x_k\|_V} > 1\]

für alle \(k\in \mathbb{N}\). Andererseits gilt: \(\|y_k\|_V = \frac{1}{k} \to 0\) für \(k\to \infty\) bzw. \(y_k \to 0\). Aus der Stetigkeit von \(T\) in \(0\) folgt \(T y_k \to 0\) für \(k\to\infty\), was im Widerspruch zu (4.4) steht.

Remark 4.2

Bei linearen Operatoren sind Stetigkeit und Beschränktheit äquivalente Eigenschaften.

Example 4.1

Sei \(V=W=C[a,b]\), \(f\in C[a,b]\) und \(\|f\| = \max_{a\le x \le b} |f(x)|\). Betrachte den Integraloperator \(T\) mit

\[(T f)(x) := \int_a^b K(x,y) f(y) dy,\quad x\in [a,b]\]

mit \(K: [a,b] \times [a,b] \to \mathbb{R}\) stetigem Kern.

  • \(T\) ist ein linearer Operator, der \(C[a,b]\) auf sich abbildet.

  • Da \(f\) stetig auf \([a,b]\) ist, ist \(f\cdot K\) stetig auf \([a,b]\times [a,b]\) und damit ist auch (vgl. Satz 7.17 in [BWHM17])

    \[F(x) := \int_a^b K(x,y) f(y) dy\]

    stetig auf \([a,b]\).

  • Da \(K\) stetig auf \([a,b] \times [a,b]\) ist, existiert

    \[M = \max_{x,y \in [a,b]} |K(x,y)|\]

    und somit

    \[\begin{split}\begin{split}\|T f|| & = \max_{x\in[a,b]} |(T f)(x)| \le \max_{x\in[a,b]} \int_a^b |K(x,y)| |f(y)| dy \\ & \le M\,\max_{x\in[a,b]} |f(x)|\ \int_a^b 1 dy = M\,(b-a)\,\|f\|.\end{split}\end{split}\]

    Damit ist \(T\) bezüglich der Maximumsnorm beschränkt. Es gilt

    \[\|T\| = \sup_{\|f\|=1} \|T f\| \le M\, (b-a).\]

Theorem 4.2

Seien \(V, W\) normierte Räume und mit \(L(V,W)\) die Menge aller beschränkten linearen Operatoren von \(V\) in \(W\) bezeichnet. Dann ist \(L(V,W)\) bezüglich der Operatornorm

\[\begin{split}\|T\| = \sup_{\substack{x\in V\\x\not= 0}} \frac{\|T x\|_W}{\|x\|_V}\end{split}\]

wieder ein normierter Raum.

Ist \(V\) ein normierter Raum und \(W\) ein Banachraum, dann ist \(L(V,W)\) ein Banachraum.