Vektorräume

3.1. Vektorräume#

Beginnen wir mit dem Begriff der Vektorräume. Um diesen definieren zu können, benötigen wir einen Zahlenkörper. In aller Regel benutzen wir die reellen Zahlen \(\mathbb{R}\). Wir legen mit dem folgenden Axiom fest, was die reellen Zahlen sind:

Definition 3.1 (reelle Zahlen)

Es existiere eine Menge \(\mathbb{R}\) mit folgenden Eigenschaften:

  • Es existieren Operationen

    \[\begin{split}\begin{split} + : \mathbb{R} \times \mathbb{R} \ & \to \ \mathbb{R}\quad\text{Addition}\\ \cdot : \mathbb{R} \times \mathbb{R} \ & \to \ \mathbb{R}\quad\text{Multiplikation}\end{split}\end{split}\]

    mit den Eigenschaften:

    • Assoziativgesetze

      \[\begin{split}\begin{split} (a+b) + c & = a + (b+c)\quad \forall\ a,b,c \in \mathbb{R}\\ (a\cdot b) \cdot c & = a \cdot (b\cdot c)\quad \forall\ a,b,c \in \mathbb{R} \end{split}\end{split}\]
    • Kommutativgesetze

      \[\begin{split}\begin{split} a + b & = b + a \quad \forall\ a,b \in \mathbb{R}\\ a\cdot b & = b \cdot a\quad \forall\ a,b \in \mathbb{R} \end{split}\end{split}\]
    • Neutrale Elemente

      \[\begin{split}\begin{split} \exists 0: a + 0 = a\quad \forall a \in \mathbb{R}\\ \exists 1: a \cdot 1 = a\quad \forall a \in \mathbb{R} \end{split}\end{split}\]
    • Inverse Elemente

      \[\begin{split}\begin{split} \forall a\in \mathbb{R}\ \exists a'\in\mathbb{R} : a + a' = 0\\ \forall a\in \mathbb{R}\setminus \{ 0\}\ \exists \tilde{a}\in\mathbb{R} : a \cdot \tilde{a} = 1 \end{split}\end{split}\]

      Schreibweise: \(-a := a', a - a := a + (-a), \frac{1}{a} := \tilde{a}, \frac{a}{a} := a\cdot \frac{1}{a}\)

    • Distributivgesetz

      \[a\cdot (b+c) = a\cdot b + a\cdot c\]
  • \(\mathbb{R}\) ist geordnet, d.h. es existiert eine Relation \(\le\) so, dass gilt

    • \(\mathbb{R}\) ist totalgeordnet, d.h.

      1. \(\mathbb{R}\) ist teilgeordnet, d.h.

        • Für alle \(x\in\mathbb{R}\) gilt: \(x \le x\).

        • Ist \(x \le y\) und \(y\le z\) für \(x,y,z\in\mathbb{R}\), so ist \(x \le z\).

        • Ist \(x \le y\) und \(y \le x\) für \(x,y \in \mathbb{R}\), so ist \(x = y\).

        (Mit \(x<y\) bezeichnen wir den Fall \(x \le y\) und \(x \not= y\).)

      2. Für je zwei Elemente \(x,y \in\mathbb{R}\) gilt

        \[x \le y\quad \text{oder}\quad y\le x.\]
    • Die Ordnung ist verträglich mit Addition und Multiplikation, d.h. für \(a,b,c\in\mathbb{R}\) gilt

    \[\begin{split}\begin{array}{c} a \le b \Rightarrow a+c \le b+c\\ a \le b, 0 \le c \Rightarrow a\cdot c \le b\cdot c \end{array}\end{split}\]
  • \(\mathbb{R}\) ist vollständig. Das heisst, dass jede nicht leere nach oben beschränkte Menge reeller Zahlen eine kleinste obere Schranke besitzt.

Im Allgemeinen ist ein (Zahlen)-Körper über eine Gruppe wie folgt definiert:

Definition 3.2 (Gruppe)

Ein Tupel \((G, \cdot)\) bestehend aus einer Menge \(G\) und einer Verknüpfung \(\cdot : G \to G\) heisst Gruppe, falls die Verknüpfung assoziativ ist, ein neutrales Element \(e\in G\) existiert und für alle \(a \in G\) ein \(b\in G\) exisitert so dass \(a\cdot b = b\cdot a = e\) gilt. Ist die Verknüpfung kommutativ, nennt man die Gruppe kommutativ.

Ein Körper lässt sich somit wie folgt allgemein definieren:

Definition 3.3 (Körper)

Ein Körper ist eine Tripel \((K, +, \cdot)\) mit folgenden Eigenschaften:

  • \((K, +)\) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element \(0_K\).

  • \((K\setminus\{0_K\}, \cdot)\) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element \(1_K\).

  • (Distributivgesetz) Für alle \(a,b,c\in K\) gilt

\[\begin{split}\begin{split}a\cdot (b+c) & = a\cdot b + a\cdot c\\ (a+b)\cdot c & = (a\cdot c) + (b\cdot c)\end{split}\end{split}\]

Beispiele für Körper sind folgende Tupel

  • \((\mathbb{R}, +, \cdot)\) und \((\mathbb{Q}, +, \cdot)\) mit der üblichen Addition und Multiplikation,

  • \((\mathbb{Z}, +, \cdot)\) bildet keinen Körper.

Mit Hilfe eines Körpers können wir nun einen \(\mathbb{K}\)-Vektorraum wie folgt definieren:

Definition 3.4 (\(\mathbb{K}-Vektorraum\))

Ein \(\mathbb{K}\)-Vektorraum ist ein Tripel \((V, +, \cdot)\) mit den Eigenschaften

  1. \((V,+)\) ist eine kommutative Gruppe

  2. Die Abbildung \(\cdot : \mathbb{K} \times V \to V\) genügt den Eigenschaften

    • \(\alpha\cdot (\beta\cdot x) = (\alpha\cdot \beta)\cdot x\)

    • \(\alpha\cdot (x+y) = (\alpha\cdot x) + (\alpha\cdot y)\)

    • \((\alpha+\beta)\cdot x = (\alpha\cdot x) + (\beta\cdot x)\)

    • \(1_K \cdot x = x\)

    wobei \(\alpha, \beta\in\mathbb{K},\ x, y\in V\).

Remark 3.1

Wenn man in einem allgemeinen Kontext von Vektoren spricht, so meint man damit die Elemente eines Vektorraumes. Spricht man von Skalaren, so sind die Elemente des zugrundeliegenden Körpers gemeint.

Beispiele:

  • Vektorraum \(\mathbb{R}^n\)

    Anwendung in python:

import numpy as np
x = np.array([1,2,3,4])
y = np.array([-4,-3,-2,-1])

print('x+y=',x+y)
print('5*(x+y)=',5*(x+y),'= 5*x+5*y = ',5*x+5*y)
x+y= [-3 -1  1  3]
5*(x+y)= [-15  -5   5  15] = 5*x+5*y =  [-15  -5   5  15]
  • Vektorraum der stetigen Funktionen.

    Sei \(\alpha \in \mathbb{R}\) und \(u,v : [a,b]\subset \mathbb{R} \to \mathbb{R}\) zwei stetige Funktionen. Zeige, dass die Summe zweier stetiger Funktionen \((u+v)\) wieder stetig ist und dass das Vielfache einer stetigen Funktion \((\alpha u)\) ebenso stetig ist.

    Aufgabe

    Beweise die Aussage.